Die Entstehung unserer Familiennamen
Bis zum 12. Jahrhundert gab es mit wenigen Ausnahmen nur einnamige Personen. Die Menschen hatten lediglich den Rufnamen. Da sich in jener Zeit das Leben hauptsächlich auf Höfen und einigen verstreuten Siedlungen abspielte wo sich jeder kannte, war der Rufname völlig ausreichend.
Zu dieser Zeit waren infolge sprachlicher Entwicklung die Bestandteile der alten deutschen meist zweisilbigen Rufnamen grösstenteils unverständlich geworden und die einzelnen Rufnamenglieder wurden nicht mehr zu neuen Namen kombiniert. Dies führte zu einer Abnahme des Rufnamenbestandes bei steigenden Bevölkerungszahlen den auch die in Mode gekommenen Heiligennamen nicht mehr ausgleichen konnten.
Immer mehr Personen trugen den gleichen Rufnamen sodass vor allem in den wachsenden Städten Personen nicht mehr eindeutig identifiziert werden konnten. Der zunehmende Handel, erhöhte Mobilität und vor allem wirtschaftliche, und juristische Interessen wie z. B. die aufkommende Verwaltung von Staat und Kirche, Einwohnerlisten, Zins- und Steuerlisten, machten ein neues Namensystem notwendig.
Um Personen genauer zu identifizieren, fügte man daher ab dem 12. Jahrhundert zum bestehenden Rufnamen, einen Beinamen hinzu. Da dieser Beiname vorerst einzig und alleine zur Identifizierung einer Person diente, hatten andere Familienmitglieder natürlich auch andere Beinamen.
Die Führung eines Beinamens setzte sich zunächst in den großen Städten später auch in kleineren Orten und zuletzt in ländlichen Gebieten, vom deutschen Westen und Süden nach Osten und Norden, durch.
Wechselten die Beinamen im 12 Jahrhundert noch des Öfteren wurden sie im 13. – 15. Jahrhundert zunehmend fester und gingen zum dauerhaften Familiennamen über. Tritt der Name über mehrere Generationen in einer Familie auf ist der Wandel vom Bei- zum Familiennamen vollzogen.
Auch wenn die Beschreibung eines Namens nicht mehr zu einer Person passte und ein Heinrich Tischler vom Beruf Schmied war, kann man bereits von einen Familiennamen ausgehen.
Trotzdem sich die Zweinamigkeit in etwa 400 ! Jahren also bis zum 15./16. Jahrhundert fast vollständig durchgesetzt hatte, gab es in einigen ländlichen Gebieten Deutschlands weiterhin bis ins 18. Jahrhundert nur einnamige Personen.
Ausgehend von der Motivation und der etymologischen Herkunft lassen sich die deutschen Familiennamen in fünf Gruppen einteilen:
Familiennamen aus Rufnamen (Patronyme/Metronyme)
Herkunftsnamen
Wohnstättennamen
Berufsnamen
Übernamen
1. Familiennamen aus Rufnamen
Familiennamen aus Rufnamen sind aus der Kennzeichnung des Verhältnisses zu einer Person entstanden. Bei den meisten Familiennamen aus dieser Gruppe handelt es sich um Vaternamen (Patronymika). Vielfach haben aber auch Rufnamen anderer Verwandte (Onkel, Grossvater, Bruder,……) zur Entstehung des Familiennamens beigetragen.
So konnte z. B. ein Träger des überaus häufigen Rufnamens Friedrich durch die Angabe >Johanns Sohn < genauer identifiziert werden. Dies ist bereits die Vorstufe zum heute sehr zahlreich vertretenen Familiennamen Johannson.
Patronymische Familiennamen spiegeln bis heute den zur Zeit der Bei- und Familiennamenentstehung (12. – 15. Jhd.) bestehenden Rufnamenschatz wieder.
Im geringen Maße finden sich in den Familiennamen aus Rufnamen auch weibliche Rufnamen. Mutternamen (Metronymika) bildeten sich, wenn sie eine höhere soziale Stellung als ihr Ehemann oder eine grössere Bekanntheit im Umfeld hatte.
2. Herkunftsnamen
Die Entstehung der Bei- und späteren Familiennamen fällt mit der Entfaltung der Städte zusammen. Das wachsen der Städte war nur durch Zuzug der Bevölkerung vor allem aus Ortschaften in der Umgebung möglich. Die nähere Kennzeichnung der zugewanderten Bevölkerung mit dem Namen ihres Heimatortes bot sich daher geradezu an. So findet man auch heute noch in grösseren aber auch kleineren Städten Familiennamen deren Grundlage Ortsnamen im Radius von 30 bis 100 km sind.
Herkunftsnamen beschränken sich aber nicht nur auf Orts- oder Städtenamen sondern bezeichnen Personen auch nach ihrer Herkunft aus Regionen, Abstammung von Völkern oder Stammeszugehörigkeiten wie „Franke“, einer aus Franken oder aus Ländern wie „Schweizer“ einer aus der Schweiz.
3. Wohnstättennamen
Im Gegensatz zu den Herkunftsnamen die in der Fremde am neuen Wohnort vergeben wurden, kennzeichnen Wohnstättennamen die Menschen durch die Angabe der Stelle an der Sie wohnten und müssen daher prinzipiell von den Herkunftsnamen
getrennt werden, da sie den Sitz von Einheimischen und nicht die Herkunft des Fremden bezeichnen.
Sie bildeten sich aus Hofnamen, Häusernamen, nach Geländeformen ( Bodenerhebungen, Vertiefungen, Ebenen, Bergen, Täler,….) nach der Bodenbeschaffenheit, Lichtverhältnissen, Geländelagen, Bewuchs (Bäume, Büsche, Wiesen , Äcker,….), Gewässer (Seen, Flüsse, Bäche), Grenzen, Wege, Kreuzungen oder sonstigen prägnanten Merkmalen, sodass die einheimische Bevölkerung Personen eindeutig identifizieren konnten .
4. Familiennamen aus Beruf, Amt und Stand
Familiennamen aus Berufsbezeichnungen stellen eine der zahlenmässig stärksten Gruppen unserer Familiennamen dar.
Diese Namensgruppe ist auch kulturgeschichtlich äusserst interessant. Sie spiegelt die starke Entfaltung des Handwerks im Mittelalter, die Vielfalt der amtlichen Tätigkeiten und die zu dieser Zeit herrschende Gesellschaftsordnung und den damit verbundenen Rechts- und Besitzverhältnissen wieder.
Auch heute finden wir noch in vielen Familiennamen, berufliche Tätigkeiten, die schon lange nicht mehr existieren wie Helmschmiedt, Schwertfeger, Lasser (Aderlasser) oder Schoppenhauer (Hersteller von Schöpfkellen).
5. Übernamen
Familiennamen aus Übernamen bilden eine der umfangreichsten Namengruppen.
Diese Namen kennzeichneten und identifizierten den Träger im Wesentlichen nach Körperteilen, Kleidung und geistigen Eigenschaften nach Gewohnheiten, Besitzverhältnissen, Abstammung, Verwandtschaft, Religion, sowie nach bestimmten charakteristischen Beziehungen.
Sehr oft erhielten Personen einen Übernamen über ihren eigentlichen Bei- oder Familiennamen hinaus und in vielen Fällen verdrängte dieser „Spitzname“ den bisherigen Namen und wurde damit zum bleibenden Familiennamen.
Bei einer Vielzahl dieser Namen handelt es sich um so genannte Berufsübernamen auch indirekter Berufsname. Im Gegensatz zu den Familiennamen aus Berufsbezeichnungen benennen diese eine Person nur indirekt im Hinblick auf ihren Beruf.
Dass heisst, der Name bezieht sich auf ein bestimmtes Werkzeug, ein Gerät, eine Tätigkeit, Arbeitsmaterialien oder Erzeugnisse der betreffenden Person.
So entstanden Namen wie Hammer für den Schmied, Armbrust für den Armbrusthersteller, Butterweck für den Feinbäcker, Bier für den Brauer, Bierhändler oder Wirt.