Der Familienname Wittmann
Statistisches:
Von ca. 35 Millionen Telefonanschlüssen ist der Name Wittmann 8554 mal in 407 Landkreisen nachzuweisen. Hochgerechnet ergibt dies in etwa 21500 Namenträger. Damit nimmt der Name den 250. Platz der häufigsten Familiennamen in Deutschland ein.
Geht man davon aus, daß der durchschnittliche Familienname 400 bis 500 mal in Deutschland auftritt, ist Wittmann überdurchschnittlich vertreten.
Das Hauptverbreitungsgebiet des Namens ist mit etwa 62% im Bundesland Bayern gefolgt von Baden Württemberg mit etwa 15% (Datenstand 2002).
Die größte Namensdichte ist mit 472 Telefonanschlüssen in der Stadt München (BY).
Von den häufigsten Schreibweisen finden wir die Schreibweise Wittman 7, Witman 4, Wittemann 388, Widman 3558, Widemann 203, Wiedmann 1892 und Wiedemann 7306 mal im Deutschen Telefonbuch.
In Österreich gibt es zu Wittmann 994 und Widmann 399 und in der Schweiz zu Wittmann 137 und Widmann 186 Einträge.
In unserem Familiennamenarchiv (260 Bände mit ca. 860.000 Namensnachweisen) ist der Name in folgenden Werken aufzufinden:
Max Gottschald Deutsche Namenkunde,
Familiennamen in Ostfahlen, Rudolf Zoder,
Unsere Familiennamen (Berufsnamen), Dr. K. Linnarz
Deutsches Namenlexikon, Hans Bahlow
Deutsches Namenbuch, Hans Bahlow
Die deutschen Familiennamen, Heinze Cascorbi
Duden, Familiennamen
Etymologisches Wörterbuch, Karlmann Brechenmacher
Buch der Familiennamen, Horst Naumann
Die Salzburger Familiennamen, Leopold Ziller
Verschiedene Ortsbücher und Ortsdatenbanken
Aufgrund der vorhandenen Quellenlage handelt es sich hier um eine Namenform die sprachetymologisch mehrdeutig ist und sowohl zur Gruppe der Familiennamen aus Rufnamen (Patronymika) als auch zur Gruppe der Übernamen, Berufsnamen Herkunfts- oder Wohnstättennamen zugeordnet werden kann.
Wittmann setzt sich aus dem Namenteil Witt- und dem *Suffix -mann zusammen.
Familiennamen mit dem Suffix (Ableitungsendung) -mann
Das Suffix -mann ist aus althochdeutsch, altsächsisch, mittelhochdeutsch und mittelniederdeutssch „man“ >Mann, Mensch< hervorgegangen.
5,6% aller Deutschen (etwa 4,4 Mill.), tragen einen Familiennamen der auf -mann endet. Diese Endung begegnet uns in allen Namengruppen und die Häufigkeit hat.
folgende Gründe:
1. -mann trat von alters her als Bestandteil zweigliedriger germanischer Rufnamen auf (Hartmann, Hermann, Ruodmann), wurde dann auch als Kose- oder Verkleinerungssuffix an eingliedrige Rufnamen (Karlmann) oder Kurzformen angehängt (z. B. Ullmann zu Ulrich) und konnte von da in Familiennamen übergehen.
2. In der Wortbildung wurde und wird -mann oft zur Bezeichnung von Berufen und ähnlichen wie Dienstmann oder Gasmann verwendet. Das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache enthält 110 solche Zusammensetzungen.
Auch Träger besonderer Eigenschaften wurden so bezeichnet (Jung-, Alt-, Kurzmann; z. B. heute Blödmann). Solche Bezeichnungen konnten dann Familiennamen werden.
3. An Ortsnamen und Wohnstättenbezeichnungen konnte -mann angefügt
werden, um daraus einen Familiennamen zu bilden, z. B. Dietrich uf dem Sande = Dietrich Sandmann, Hinrich de Rot = Rot(h)mann oder Johann de Riga = Johann Rigamann
Geographischer Schwerpunkt der Herkunftsnamen die auf -mann enden, ist der westniederdeutsche Bereich, doch treten sie auch im nördlichen Rheinland, im mecklenburgisch-pommerschen Gebiet, Schlesien und auch im süddeutschen Raum auf.
Der Namenteil Witt- ist mehrdeutig und könnte auf folgende Motivationen zurückgehen:
Wittmann als Herkunftsname (genauere Erklärung zur Bildung von Herkunftsnamen Seite 4)
Ein Herkunftsname sagt uns von woher (Stadt, Ort, Region) jemand zugezogen ist.
Personen konnten an ihrem neuen Wohnort als Beiname den Ortsnamen ihres bisherigen Wohnortes erhalten. Im Ursprungsort lassen sich daher auch keine Namenträger nachweisen aber meistens gehäuft in den umliegenden Orten oder in der nächsten größeren Stadt.
Herkunft aus einem der Orte Witte oder Witten in Nordrhein- Westfalen oder ehemaligen Brandenburg, heute Polen + -mann Suffix.
Wittmann als Wohnstättenname (genauere Erklärung zur Bildung von Wohnstättennamen
Seite 4)
Wohnstättennamen kennzeichnen die Menschen durch die Angabe der Stelle an der Sie wohnten und müssen prinzipiell von den Herkunftsnamen getrennt werden , da sie den Sitz von Einheimischen und nicht die Herkunft des Fremden bezeichnen.
Wohnstättenname zu mittelhochdeutsch, mittelniederdeutsch „wid, wit“ > Holz<
+ -mann Suffix. Bezeichnung für im Holz wohnende Personen > Waldbewohner.
Wohnstättenname zu mittelhochdeutsch „wîde“ >Weidenbaum, -strauch< + -mann Suffix.
*Ein Suffix (von lat. „suffixum“, >An-, Aufgestecktes<) ist eine an ein Wort oder Name angehängte Ableitungs- oder Nachsilbe.
Wittmann als Berufsname (genauere Erklärung zur Bildung von Berufsnamen Seite 6)
1. Schreibform des Berufsnamen Wid(e)mann der sich aus dem mittelhochdeutschen „wideme“ + -mann Suffix zusammensetzt und hauptsächlich im oberdeutschen Sprachraum vorkommt.
Der Wid(e)mann war Besitzer, Pächter oder Verwalter eines Wiedemgutes. Mittelhochdeutsch „wiedem“, mittelniederdeutsch „wedem“ bedeutete ursprünglich Brautgeschenk und später der Kirche gewidmetes Gut.
2. Niederdeutscher Berufsname zum mittelnorddeutschen „witmann“ mit der Bedeutung >Mitglied des Bürgerausschusses oder Ratsherr<.
Wittmann, Namenbildung aus Rufnamen (genauere Erklärung zur Bildung patronymischer Familiennamen Seite 2)
Von patronymischen Namen spricht man wenn der Familienname von dem Rufnamen des Vaters abgeleitet wurde. Der Familienname kann aber auch vom Rufnamen des Großvaters, des Bruders oder sogar eines entfernten Verwandten abgeleitet sein.
Namenbildung aus einer Rufnamenkurzform wie Wittigo, Witto, … + -mann Suffix, die aus einem altdeutschen Rufnamen wie Withard, Widiomar, Widiman und ähnliche hervorgegangen sind.
Die Grundlage dieser Namen ist das althochdeutsche Namenwort „witu, widu“ mit der Bedeutung >Wald, Holz<.
Wittmann als Übername (genauere Erklärung zur Bildung der Übernamen Seite 7)
Einen Übernamen bekamen Personen meistens über ihren eigentlichen Namen hinaus wie heute noch den Spitznamen.
Diese Namen kennzeichnen den Träger im Wesentlichen nach Körperteilen, Kleidung und geistigen Eigenschaften nach Gewohnheiten im weiteren Sinn sowie nach bestimmten charakteristischen Beziehungen.
In vielen Fällen verdrängte dieser „Spitzname“ den eigentlichen Namen und wurde im Laufe der Zeit zum bleibenden Familiennamen
1. Übername vom Mittelhochdeutschen „witman“ mit der Bedeutung Witwer, der vor allem im Oberdeutschen aber auch im Mitteldeutschen Sprachgebiet gebräuchlich.
2. Ableitung vom Mittelniederdeutschen „vit, witt“ >weiß< + -mann Suffix.
Niederdeutscher Übername für eine weißhaarige Person.
Schreibweisen (Seite 16 und 17)
Die verschiedenen Schreibweisen des Namens wie Wittman, Witman, Widman, Widemann, Wiedmann, Wiedemann, Wittemann und ähnlich klingende sind für die ursprüngliche Bedeutung und die Benennung des ersten Namenträgers nicht maßgeblich.
Da in den vergangenen Jahrhunderten kaum wer Lesen und Schreiben und daher auch nicht Buchstabieren konnte, wurden Namen vorwiegend in den verschiedensten Dialekten mündlich überliefert und nach der Phonetik niedergeschrieben. Bis Anfang des 20. Jhd. gab es auch keine Rechtschreibordnung im heutigen Sinn oder feste Regeln für die Schreibung von Familiennamen, so kann der Name sogar bei jeder Niederschrift anders geschrieben worden sein.
Am deutlichsten treten verschiedenste Namenvarianten aber beim deutschen Berufsnamen Meier zutage.
Zusammenfassung:
Wie bei den meisten Familiennamen läßt sich auch beim Namen Wittmann und ähnlichen Schreibweisen heute kaum oder nur äußerst schwer nachvollziehen aus welchen Motiven sie sich vor Jahrhunderten gebildet haben.
Auf den Namensverbreitungskarten nach Telefonbucheinträgen sieht man
deutlich, daß sämtliche Schreibweisen des Namens überwiegend im oberdeutschen Sprachbereich beheimatet sind, aber auch im niederdeutschen Gebiet vorkommen. Entsprechend unterschiedlich müssen sie erklärt werden.
Im oberdeutschen aber auch im mitteldeutschen Sprachbereich leitet sich der Name in erster Linie von Widmann (Wiedemgut) oder als Übername von „witman“ >Witwer< ab.
Im niederdeutschen Sprachbereich ist die Namensbildung von „wit“ > Weiß (weißhaarig) oder dem Berufsnamen „witman“ (Ratsmitglied) vorrangig.
Im Südwesten Deutschlands muß man verstärkt von einem Herkunftsnamen von einem der beiden Orte Witten ausgehen.
Im gesamten deutschen Sprachgebiet ist eine Ableitung aus einer mit dem -mann Suffix gebildete Koseform von Rufnamen die das Namenwort „widu, wittu“
enthalten, möglich.
Anhand des Familiennamens Wittmann erkennt man deutlich, daß der Verschriftlichung von Familiennamen in den letzten Jahrhunderten, sehr vielfältige und unberechenbare Faktoren wie regionale Dialekte, Verhochdeutschen etc. zugrunde liegen.
Die einzige Möglichkeit mehr zur Bedeutung und Entstehung des Familiennamens in Erfahrung zu bringen, (z. B. verschiedene ältere Schreibweisen, genauere Herkunft der Vorfahren), ist wenn daher wenn überhaupt, nur durch eine Einzelforschung im Rahmen einer Familienforschung über kirchliche Quellen möglich.
Die Entscheidung unter den verschiedenen Bildungsmöglichkeiten wird im Einzelfall um so sicherer, je weiter man die historische Schreibung des Familiennamens zurückverfolgen kann.
Mit freundlichen Grüßen
M. Hofmann